17/11/2020

Under the Influence / Offshore-Kino 2 – Kenneth Anger

1965 – 3 min. Kustom Kar Kommandos – Kenneth Anger

Wer sich in einer Filmklasse des Experimentalfilms Ende der 80er herumtrieb, kam an Kenneth Anger nur schwer vorbei. Wenn ich das ganze Werk von Anger in Betracht ziehe, gäbe es mindestens drei bis vier Filme, die ich nennen müsste, die einen gehörigen Impact auf mich hatten. Kustom Kar Kommandos steht bei mir ganz oben auf der Liste. Die Bildsprache und das Sujet sind auf das Nötigste reduziert, die Hingabe des jungen Protagonisten zum Objekt der Begierde, einem Hot Rod, ist absolut – ernst und seriös. Das Stück „Dreamlover“ gibt den Takt für Schnitt und Kamerafahrten vor – smooth und sexuell aufgeladen. Nichts ufert hier aus, keine permanenten Überblendungen, die den Blick auf die Attraktion von Chrome und Leder stören – purer Genuss. Alles im Film ist sehr maskulin, aber im Gegensatz zu den anderen Filmen von Anger ist der homoerotische Aspekt viel sublimierter und der Autoerotik untergeordnet. Anger befand sich kurz nach Scorpio Rising mit KKK in seiner besten Phase. Es war der Peak. Das sehen Bewunderer des Okkultisten Aleister Crowley natürlich anders.

Bei der Recherche nach abrufbaren Filmen von Anger fällt auf, dass es geradezu ein Sport für die Fans von Kenneth Anger geworden ist, seine Filme neu zu vertonen und dann ins Netz zu stellen. Die Ergebnisse sind sehr durchwachsen und teilweise richtig übel. Anger selbst hat einigen seiner Filme eine neue Tonspur verpasst. War in Inauguration of the Pleasure Dome über Jahre eine Komposition von Leoš Janáček zu hören, tauschte er sie in den 70zigern einfach aus und verabreichte den Bildern ein komplettes Album von Electric Light Orchestra (Eldorado) – ohne Rücksicht auf den vorhandenen Schnitt. Anger verließ sich dann mehr auf das Zelebrieren und zufällige Verdichtungen. Und da fühlen sich die Anhänger Angers aufgerufen, autorisiert und legitimiert. So muss man für Invocation of My Demon Brother schon länger suchen, bis man die Original-Version mit dem teuflisch guten Mick Jagger-Soundtrack findet. Als Anger mit den Vorbereitungen zu Lucifer Rising begann, sank der Stern von ihm und nur noch sein legendäres Buch „Hollywood Babylon“ konnte mich begeistern.

©2020 Bildrechte | Carsten Aschmann, VG Bild-Kunst

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